Wie Bauen mit Recyclingbeton das CO2-Problem mindern könnte

Recyclingbeton ist eine ressourcenschonende Methode zur Herstellung von Beton. Doch hierzulande ist seine Nutzung noch stark eingeschränkt. Dabei könnte er seinen Teil zur Klima-Lösung beitragen. Klimaschonende Gebäude aus RC-Beton gibt es bereits. Und er kann sogar CO2 binden, wie ein neues Verfahren aus der Schweiz beweist.


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Im Zuge der Klimaproblematik ist Beton in die Diskussion geraten. Der Bau und der Betrieb von Gebäuden nach Expertenangaben für ein Drittel aller Treibhausgasemissionen verantwortlich sein und damit einen hohen Anteil am menschengemachten Klimawandel haben. Andererseits: Angesichts dieser hohen Emissionen dürfte das mögliche Einsparpotenzial ebenfalls hoch sein, u.a. durch aktive und passive baukonstruktive Maßnahmen oder durch die Wahl emissionsarmer Baustoffe.

Bekannt ist, dass insbesondere bei der Zementherstellung viel CO2 emittiert wird. Global werden derzeit jährlich rund 4 Milliarden Tonnen Zement verbraucht, der wiederum für die Herstellung von 13 Milliarden Tonnen Beton benötigt wird. Das entspricht sechs bis sieben Prozent der Treibhausgase. Laut VDZ wurden 2019 in Deutschland 34 Millionen Tonnen Zement hergestellt. Dabei wurden 20 Millionen Tonnen CO2 emittiert. Das entsprach etwa 2 bis 3 Prozent der deutschen CO2-Emissionen. Grundsätzlich gilt: Bei der Herstellung einer Tonne Zement werden 590 Kilogramm Kohlenstoffdioxid ausgestoßen.

„In Summe ergibt sich ein durchschnittliches Treibhausgaspotential von 587 kg CO2-Äquivalenten pro Tonne Zement in Deutschland.“ WWF Deutschland

Wenn also bis zum Jahr 2050 EU-weit Klimaneutralität erreicht werden soll, müssen spätestens jetzt die Weichen gestellt werden. Tatsächlich ist auch bereits einiges passiert: Seit 1990 wurde die CO2-Emission bei der Zementherstellung um etwa 22 Prozent gesenkt. Als Brennmaterial werden zunehmend alternative Ausgangsstoffe verwendet (70 Prozent), gegenüber 30 Prozent fossiler Brennstoffe.Könnte auch Recyclingbeton zur Klima-Lösung beitragen?

Unbestritten ist Recyclingbeton zumindest eine ressourcenschonende Methode zur Herstellung von Beton. Dabei seien vor allem die Planer von Gebäuden gefragt, Beton möglichst effizient und gut rückgewinnbar einzusetzen, so Dipl.-Ing, Markus Brunner vom InformationsZentrum Beton. Tatsächlich wird zurückgebauter Beton in Deutschland fast vollständig wiederverwendet. Allerdings weniger für die Betonherstellung, sondern zum Großteil für den Unterbau im Straßenbau.

Klimaretter Recyclingbeton? Wie Bauen mit RC-Beton das CO2-Problem mindern könnte
Beim Neubau der Umweltstation in Würzburg wurde für Konstruktion, Decken und Wände Beton mit recyklierter Gesteinskörnung verwendet. | Foto: Stefan Meyer

Neubau Umweltstation: Recyclingbeton statt Holz

Im Mai 2019 wurde in Würzburg der Neubau der Umweltstation eröffnet. Für das Projekt wurden bereits im Architekturwettbewerb höchste Anforderungen an den Klima- und Ressourcenschutz gestellt. Doch statt des erwarteten Entwurfes für ein Gebäude in Holz entschied sich das Planungsbüro für den Baustoff Recyclingbeton. „Wir wollten mit unserem Entwurf für den Neubau einen ‚nächsten Schritt’ machen und den Anspruch an Umwelt- und Ressourcenschutz möglichst innovativ auf einen Massivbau nicht aus herkömmlichen Materialien, sondern aus Recyclingbeton transformieren,“ so Franz Balda vom gleichnamigen Architekturbüro.

Der aus Rückbaumaßnahmen gewonnene Baustoff Recyclingsplitt wurde aus dem Abbruch einer Autobahnbrücke gewonnen. Er wird zunächst zerkleinert, in Kornfraktionen getrennt, sodass sogenannter Betonsplitt entsteht. Anstelle von Kies oder Splitt wurde dieser anteilig als Zuschlagstoff für die Herstellung von rund 480 Kubikmeter Beton eingesetzt. Eine besondere Herausforderung ergab sich durch die Anforderung, den Recyclingbeton in Sichtbetonqualität zu verarbeiten.

Kein Unterschied zu normalem Beton

Für die fachgerechte Aufbereitung des Abbruchmaterials und die richtige Mischung des Recyclingbetons wurden zwei Pioniere des Betonrecyclings gewonnen, die 2016 für ihre Arbeiten mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet worden waren. Angelika Mettke, Professorin an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, forscht seit Jahren über den Einsatz von Recyclingbeton im Hochbau. Der Unternehmer Walter Feeß aus Kirchheim/Teck entwickelte innovative Verfahren, um Altbeton durch Brechen zu zerkleinern und zu kies- und sandartigem Material zu verarbeiten.

Die Verarbeitung des Recyclingbetons auf der Baustelle, so berichtet Georg Göbel, Inhaber der mit den Rohbauarbeiten der neuen Umweltstation beauftragten Firmengruppe Göbel aus Würzburg, unterschied sich nicht von der normaler Betone. „Frau Professorin Mettke hatte aus den zur Verfügung stehenden rezyklierten Gesteinskörnungen gemeinsam mit verschiedenen Laborleitern von Transportbetonunternehmen Recyclingbetone in unterschiedlicher Qualität entsprechend den Vorgaben des Tragwerkplaners entwickelt.“ Entstanden ist ein anspruchsvoller Neubau, bei dem ein „nächster Schritt“ getan wurde, um dem Anspruch an Umwelt- und Ressourcenschutz gerecht zu werden.

CO2 gespeichert: Klimaneutraler Beton bis 2025

Noch einen Schritt weiter geht das Schweizer Unternehmen Neustark aus Bern. Das Unternehmen hat ein Verfahren entwickelt, das eine CO2-Reduzierung bei der Betonherstellung um rund zehn Prozent verspricht. In der Schweiz ist die Betonproduktion für neun Prozent der landesweiten Emissionen verantwortlich. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, CO2-Emissionen in der Betonproduktion zu reduzieren und bis 2025 die Produktion von klimaneutralem Beton zu ermöglichen.

Bei dem von Neustark entwickelten Verfahren wird der Luft CO2 entzogen und verflüssigt. In speziellen Reaktoren wird gebrochenes Betongranulat in einem geschlossenen Kreislauf mit dem verflüssigten CO2 geflutet. Das verflüssigte Kohlendioxid wird so in das Betongranulat dauerhaft eingelagert und gespeichert.

Das Verfahren von Neustark flutet Betongranulat mit CO2 und bindet dieses dauerhaft darin. | Foto: Riechsteiner/Neustark
Das Verfahren von Neustark flutet Betongranulat mit CO2 und bindet dieses dauerhaft darin. | Foto: Riechsteiner/Neustark
Bei diesem Prozess verwandelt sich das CO2 auf der Oberfläche des gebrochenen Betonmaterials zu Kalkstein. Selbst bei einem erneuten Rückbau wird das eingelagerte CO2 nicht emittiert. Auf diese Weise soll je Tonne Betongranulat 30 bis 50 Kilogramm Kohlendioxid eingebunden werden können. „Die CO2-Beimischung ist mit einschlägigen DIN und Vorschriften der Schweiz kompatibel und entspricht allen Schweizer Regelwerken“, sagt Valentin Gutknecht, einer der Firmengründer. In der Schweiz habe Recyclingbeton einen Anteil von 15 Prozent. „Das ist viel, die Normen bei uns sind vorteilhaft. Auch die Deckelung bei 25 Prozent Recyclingzuschlag wie in Deutschland gibt es in der Schweiz nicht. Auch die Verarbeitung von Recyclingsand ist – anders als Deutschland - möglich“, so Gutknecht. Das Unternehmen ist bisher nur in der Schweiz tätig, hofft aber, mit zwei Pilotprojekten auch in Deutschland aktiv werden zu können.

Cemex: Es fehlt an rezyklierten Gesteinskörnungen

Auch im Hause Cemex spürt man die im Zuge der Nachhaltigkeitsdebatte veränderten Kundenwünsche an Baustoffe. Neben erhöhten Wärmedämmeigenschaften wird auch der Wunsch nach CO2-reduzierten Betonen immer häufiger geäußert, eher selten auch der Wunsch nach Recyclingbeton. Mit einer Jahresproduktion von 1,8 Millionen Kubikmeter Transportbeton in Deutschland gehört Cemex zu den führenden Anbietern von Transportbeton. Der Anteil von Recyclingbeton liegt nach Angaben des Unternehmens erst im Promillebereich. Das hänge weniger mit dem Preis zusammen, der sich bei Recyclingbeton kaum vom Normalbeton unterscheide. Das Problem sei vor allem die geringe Verfügbarkeit an sortenreinen Recyclingzuschlägen. Das Regelwerk in Deutschland lasse nur eingeschränkte Anteile rezyklierter Gesteinskörnung zu. Im Übrigen gebe es bereits eine hohe Recyclingquote bei mineralischen Bauabfällen. Bei Boden, Steinen und Bauschutt betrug diese im Jahr 2018 77,9 Prozent.

Nach gültiger Normung müssen beim Rückbau die dort anfallenden Störstoffe getrennt gelagert werden. Das erfordert Platz, der gerade im städtischen Bereich nicht vorhanden ist. „Deshalb wird die Trennung auf den Baustellen oft erst gar nicht vorgenommen“, sagt Marcel Busch, im Hause Cemex verantwortlich für das Geschäftsfeld Transportbeton im Nordosten Deutschlands. Das Interesse an Recyclingbeton kann nach Auffassung der Cemex-Experten nur größer werden, wenn für den Straßenbau für die jetzt verwendeten natürlichen oder recycelten Baustoffe Ersatz gefunden werde. Wenn allerdings der politische Wille da ist, wird auch schon mal subventioniert. Cemex-Produktmanager Norbert Nehls: „Bei dem Bau eines Laborgebäudes in Berlin war der Wunsch des Landes Berlin, Recyclingbeton zu verwenden. So wurde bei dem Projekt jede Tonne Recyclingmaterial subventioniert.“

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Eine CO2-Einbettung betrachten die Cemex-Experten mit Skepsis. Das sei in Deutschland noch wenig bekannt, außerdem sei der Aufwand sehr hoch. Auch müsse die Normung in Deutschland, die nur eine begrenzte Zugabe im Beton vorsieht, insoweit fortgeschrieben werden. In Europa sei man da weiter. „Wir müssen schneller werden“, ist Nehls überzeugt.


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