Erste Bilanz der Autobahn GmbH: Es mangelt an Geld, Zeit, Personal
Am 18.6.2021 kam es zu einem Absacken des Überbaus am südlichen Brückenbauwerk der Salzbachtalbrücke A 66. Sie muss erneuert werden. | Foto: Autobahn GmbH

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Das hatte der Autobahn GmbH des Bundes gerade noch gefehlt: Auf der A 66 wäre um ein Haar die hessische Salzbachtalbrücke eingestürzt. Im Juni 2021 brach ein Pfeilerlager des südlichen Brückenteils ein. Der Überbau senkte sich dadurch um 30 bis 40 cm auf den Pfeiler. Verletzt wurde zum Glück niemand. Doch die Brücke selbst sowie die darunter verlaufende Straße und die Bahnstrecken wurden komplett gesperrt. Weil eine Sanierung der 1963 in Betrieb gegangenen Brücke nicht infrage kommt, ist ein Abriss und damit ein Neubau notwendig.

Dieser Vorfall ist nicht die einzige Hypothek, mit der die am 1. Januar 2021 gestartete Autobahn GmbH des Bundes zu kämpfen hat. Nach dem Vorfall in Hessen ergaben Untersuchungen, dass rund 3.000 der 27.000 Autobahn-Brücken, die die Autobahn-Gesellschaft von den Ländern geerbt hat, in höchstem Maße marode sind und dringend saniert oder erneuert werden müssen. Auffallend ist ein Ost-West-Gefälle, die Brücken im Osten sind in der Regel in einem besseren Zustand als im Westen, weil sie neuer sind.

Der für den Autobahnerhalt bewilligte Etat von 5,5 Milliarden Euro jährlich wird nicht reichen. „Wir brauchen deutlich mehr Geld für die Sanierung von Autobahnbrücken“, mahnte Autobahnchef Stephan Krenz gegenüber dem Handelsblatt an und erhielt Rückenwind aus dem Finanzministerium. „Sicherheit hat höchste Priorität, am Geld soll es nicht scheitern, in diesem Jahr stehen 1,5 Milliarden Euro allein für den Brückenerhalt der Bundesfernstraßen zur Verfügung,“ so Olaf Scholz, zu dem Zeitpunkt noch Finanzminister.

Vereinfachtes Baurecht für Ersatzbauten nötig

Doch nicht nur Geld, auch Zeit ist ein Problem. Wenn beispielsweise im Herbst die Salzbachtalbrücke abgerissen sein wird, dauert es mindestens ein Jahr, bis eine neue Brücke zur Verfügung steht. Deshalb fordert Krenz: „Wir müssen deutlich schneller werden, dafür brauchen wir ein vereinfachtes Baurecht für Ersatzbauten.“

Auf Nachfrage, was mit einem „vereinfachten Baurecht“ gemeint sei, hieß es aus dem Hause Autobahn GmbH: „Das BMVI hat einen kontinuierlichen Prozess angestoßen, um die Planungen von Verkehrswegen zu beschleunigen. In diesem Bereich wurden in dieser Legislatur seit 2018 mehrere Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht und vom Gesetzgeber beschlossen. In Bezug auf die Genehmigungsverfahren von Ersatzneubauten u.a. bei der Straße wurden die Verfahren durch das Gesetz zur weiteren Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren vom 03.03.2020 deutlich verschlankt. Diese gesetzlichen Regelungen gilt es umzusetzen.“

Autobahn GmbH mit vielen Baustellen

Neben dem Brückenproblem sind von der Autobahngesellschaft noch andere Baustellen zu bewältigen. Da ist zunächst der Verwaltungsetat für die Autobahn GmbH. Aus den ursprünglich realitätsfernen 632 Millionen Euro wurden 2021 zunächst 1,376 Milliarden und dann schließlich 1,996 Milliarden Euro. Im Jahr 2022 wird der Etat auf 2,1 Milliarden klettern. Gefordert waren 2,6 Milliarden, auch zur Bewältigung des Brückenproblems.

Unlängst erklärte der für die Finanzplanung zuständige Minister Scholz: „Damit die Autobahn GmbH die ihr zugewiesenen Aufgaben angemessen erfüllen kann, werden die Mittel für Betrieb, Planung und Verwaltung im Jahr 2022 gegenüber 2021 um 210 Millionen Euro erhöht.“ Dabei soll es sich um reformbedingte einmalige Ausgaben handeln. Das dürfte ein Trugschluss sein, denn allein für den Aufbau eines einheitlichen IT-Systems sind Kosten von etwa 100 Millionen Euro bis 2023 im Gespräch. Dass nebenbei die Führung der GmbH wegen zu hoher Beraterkosten ins Gerede gekommen ist, dürfte in dieser Situation nicht hilfreich sein. Für eine beratend hinzugezogene Anwaltskanzlei und eine Beratungsfirma sollen jeweils stattliche Honorare in Höhe von 15 Millionen Euro gezahlt worden sein. Das veranlasste den haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Sven-Christian Kindler, zu der Feststellung, dass es sich bei dem Versprechen von mehr Effizienz um „Luftblasen“ gehandelt habe. „Die einzigen, die von der Reform wirklich profitieren, sind derzeit die teuren Berater des Verkehrsministers“. Für sie sei die Reform ein „wahrer Goldesel“.

Zu wenig Personal

Um einen reibungslosen Verwaltungsablauf gewährleisten zu können, plante die Gesellschaft ursprünglich zum Start am 1.1.2021 mit 13.000 Mitarbeitern, vor allem Mitarbeiter aus den Straßenbauverwaltungen. Wie schon zu Startbeginn fehlen der Gesellschaft noch rund 3.000 Mitarbeiter. Um den Übergang zu erleichtern, bot die GmbH Wechselwilligen eine Prämie an. Das fehlende Personal hat Konsequenzen. Unbezahlte Rechnungen türmen sich, Verwaltungsvorgänge wie Schwertransportgenehmigungen dauern.

Um überhaupt starten zu können, griff die Autobahn GmbH in ihrer Not zu Kooperationsverträgen mit den Bundesländern. Dabei geht es um Unterstützung bei der Fertigstellung bereits laufender Bauprojekte, aber auch um Unterstützung im IT-Bereich, Brückenprüfungen, Verkehrssteuerung, Winterdienst und anderes mehr. Die Autobahn GmbH erklärte auf Anfrage dazu: „Bei den Kooperationsvereinbarungen handelt es sich um punktuelle und befristete Unterstützungsleistungen bei bestimmten Aufgaben, z.B. in den Bereichen IT, Straßenbetriebsdienst, Verkehrsmanagement oder Projektsicherung. Durch die Kooperationsvereinbarungen werden die gesetzlich vorgegebenen Zuständigkeiten und Befugnisse nicht geändert. Die Verantwortung für die Bundesautobahnen und Bundesstraßen in Bundesverwaltung ist mit dem Stichtag 1. Januar 2021 in Gänze auf die Gesellschaft übergegangen. Das gilt auch für die von den Kooperationsvereinbarungen erfassten Unterstützungsbereiche“. Das hat der Bundesrechnungshof allerdings bereits im März 2021 getadelt: „Dies verstößt nicht nur gegen die Aufgabentrennung von Bund und Ländern. Der Autobahn GmbH ist es nach dem Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetz verboten, Aufgaben der Verwaltung für Bundesstraßen zu übernehmen, sofern diese nicht in die Bundesverwaltung übertragen wurden.“

Deges bleibt weiter bestehen - Kritik vom Bundesrechnungshof

Nachteilig wirkt sich nun auch die nicht zustande gekommene Verschmelzung mit der als effektive Planungsgesellschaft geltenden DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH aus. Weil die Autobahn GmbH nach der Verschmelzung weiterhin auch für Projekte der Länder zuständig sein sollte, mahnte der Bundesrechnungshof frühzeitig dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages über seine grundgesetzlichen, einfachgesetzlichen und vergaberechtlichen Bedenken an. Die Deges soll nun zunächst neben der Autobahn GmbH weiter bestehen. Gesellschafter bleiben der Bund und zwölf Länder. Damit hält der Bund nun Beteiligungen an zwei Gesellschaften, die beide Bundesfernstraßen planen und bauen sollen. „Dies ist ihm nach dem Grundgesetz nicht erlaubt“, so der Bundesrechnungshof.

Auf Anfrage erhielt die Redaktion dieser Zeitschrift von der Autobahn GmbH die Erklärung: „Das Ziel einer Verschmelzung der Deges auf die Autobahn GmbH war bisher nicht umsetzbar. Daher bleibt die Deges zunächst in ihrer bisherigen Form bestehen. Die Verträge der Länder mit der Deges für die Planung und/oder den Bau von Autobahnprojekten sowie von Bundesstraßen in Bundesverwaltung sind mit dem Stichtag 1. Januar 2021 auf die Autobahn GmbH übergegangen. Die Deges bleibt unverändert Auftragnehmer dieser Verträge. So wird die kontinuierliche Projektbearbeitung der Autobahn- und Bundesstraßenprojekte sichergestellt. Über weitere Schritte für eine Verschmelzung der Deges auf die Autobahn GmbH ist noch nicht entschieden.“

Übersicht: Standorte der Autobahn GmbH | Foto: Autobahn GmbH
Übersicht: Standorte der Autobahn GmbH | Foto: Autobahn GmbH

Unbezahlte Rechnungen

Mitte 2021 häuften sich Presseberichte über unbeglichene Rechnungen und über den Unmut von Bauunternehmen. Immerhin sollen es sich um offene Rechnungen in Höhe von rund 600 Millionen Euro handeln. In einem Bericht an den Verkehrsausschuss des Bundestages bestätigt das Bundesverkehrsministerium diesen Umstand. Wie das Handelsblatt berichtete, sollen Firmen mit Arbeitsniederlegungen drohen – mit fatalen Folgen für den Aus- und Neubau der deutschen Fernstraßen.

Eines dieser Unternehmen ist die Bremer Bauunternehmung Kröger Bau GmbH. Unternehmer Jan Gerd Kröger hat einen Unterhaltungsvertrag mit dem Amt für Straßen und Verkehr für die Brückenerhaltung im Raum Bremen. Seit Beginn des Jahres 2021 hat er jedoch mit der Autobahn GmbH zu tun, mit fatalen Folgen für ihn. „Bereits im April und Mai hatten sich so viele nicht bezahlte Rechnungen angehäuft, dass wir uns entschieden haben, die Arbeit niederzulegen“, äußert sich Bauunternehmer Kröger im Gespräch mit der B_I-Redaktion. Von Rechnungen bis zu einer halben Million spricht Kröger. Die Zusammenarbeit mit der Autobahngesellschaft empfand Kröger als nicht optimal, Mitarbeiter seien oft schwer zu erreichen gewesen. Dennoch findet er freundliche Worte für die Mitarbeiter der Gesellschaft: „Es sind meist neue Mitarbeiter, die aber sehr bemüht sind. Letztlich haben die erreicht, dass unsere Rechnungen bezahlt wurden“, sagt Kröger. Inzwischen hat er die Arbeiten für die Brückenerhaltung wieder aufgenommen. „Leider endet zum Jahreswechsel die Kooperation zwischen der Autobahn GmbH und dem Bremer Amt für Straßen und Verkehr. Dann wird die Autobahngesellschaft die Brückenerhaltung selbst machen“, bedauert Kröger.

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