Portrait Antonio Carraro: Traktoren aus Italien

Der italienische Traktoren-Hersteller und Nischen-Spezialist Antonio Carraro ließ sich einst von deutschen Beratern eine japanische Philosophie empfehlen, die seine Fabrik zum „OP-Saal“ machte. Nun arbeiten die Venezianer wieder mit deutschen Technikern zusammen. Die nächste Version ihres hydrostatischen Antriebs mit intelligentem Getriebe für Kommunalmaschinen soll nicht weniger leisten, als den Traktor zum Menschen werden zu lassen.

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Liliana Carraro (rechts) mit einem Monteur an der Fertigungslinie vor einer SP 5008 HST Kommunalmaschine. Sie wird 46 PS haben und 1.470 kg wiegen, wenn sie aus der Fabrik rollt.
Um effizienter zu werden, wandte sich Antonio Carraro zur Jahrtausendwende an Porsche Consulting. Die Deutschen rieten zur japanischen Lebens- und Arbeitsphilosophie „Kaizen“, die so viel bedeutet wie „Verbesserung in kleinen Schritten“ und fester Bestandteil der Firmendenke wurde. Um auch die Fertigung zu optimieren, empfahlen die Stuttgarter den Italienern, sich jede Station der Montage wie einen Operationssaal vorzustellen. Damit der Chirurg, also der Monteur, sich auch wirklich nur um seinen Patienten – den Traktor – kümmern kann, wurden die Vorbereitungsarbeiten an Helfer übergegeben, die dem Monteur auf einem speziellen Wagen alle Teile liefern, die er für den zu fertigenden Traktor braucht. So behält er trotz 5.000 Teilen, die zu 80 Modellen in 500 Varianten auf ein und derselben Fertigungslinie nahe Padova gebaut werden, den Überblick. Aktuell integriert Antonio Carraro ein roboterbetriebenes Warenlager, das eben den nächsten kleinen Schritt der kontinuierlichen Verbesserung darstellt.

Kommunalmaschinen mit drehbarem Sitz

Schon seit den 90er Jahren bietet Carraro in der Abteilung „Groundcare“ Traktoren für den kommunalen Einsatzbereich an. Wohl einmalig ist hier die Möglichkeit, Fahrersitz und Bedienelemente des Geräteträgers in wenigen Sekunden um 180° zu drehen. Diese Erfindung, die auf den Wunsch eines Mönches aus der nördlichen Lombardei zurückgeht, war der erste große Durchbruch von Antonio Carraro. Sie ermöglicht es, stets in optimaler Fahrtrichtung leichte wie schwere Anbaugeräte zu schieben oder zu ziehen – bei stets optimaler Sicht. So sind die Kommunaltraktoren sowohl starke konventionelle Schlepper, können aber gleichzeitig die kräftige Heckhydraulik mit mehr Hubkraft für schwere, vorne zu montierende Anbaugeräte nutzen. Denkbar sind hier im kommunalen Bereich zum Beispiel große Mulcher oder schwere Wasserfässer.

Geerbt von der verwandten Familie der landwirtschaftlichen Traktoren haben die Kommunalmaschinen die Geländegängigkeit. Dank eines Schwenkrahmens mit Axial-Drehgelenk, können die Räder um bis zu 15° aus ihrer Achse abweichen. So haben stets vier Räder Bodenkontakt und erhöhen die Traktion. „Die Maschine ist hierdurch deutlich stabiler und sicherer. Sie kann auch schwer beladen einen hohen Bordstein nehmen“, sagt Oliver Stamm, Deutschland-Manager von Antonio Carraro.

Der Antrieb der Maschinen erfolgt hydrostatisch. Motoren von Yanmar und Kubota mit bis zu 100 PS arbeiten zusammen mit dem in Eigenregie entwickelten Getriebes „Infinity“, das in einer Halle neben der Endmontagelinie hergestellt wird.

B_I galabau Redakteur Lasse Lommel, Pierclaudio Massorotto und Liliana Carraro vor einem Frisch gebauten Traktor der Tigre-Serie. Schon in den 70er Jahren baute Antonio Carraro seine Forschungs- und Entwicklungsabteilung stark aus. Chefingenieur Pierclaudio Massarotto hat heute 35 Entwickler in seiner Mannschaft.
B_I galabau Redakteur Lasse Lommel, Pierclaudio Massorotto und Liliana Carraro vor einem Frisch gebauten Traktor der Tigre-Serie. Schon in den 70er Jahren baute Antonio Carraro seine Forschungs- und Entwicklungsabteilung stark aus. Chefingenieur Pierclaudio Massarotto hat heute 35 Entwickler in seiner Mannschaft.

2016 kommt „Toni“

Nächstes Jahr rollt dann die neue Generation „Toni“ aus der Kaizen-Fabrik. Der weiter verbesserte hydrostatische Antrieb sei so robust, dass er problemlos 10.000 Betriebsstunden durchhalten würde und dann mit einer lebenslangen Garantie komme, schwärmt Liliana Carraro, Tochter von Antonio Carraro. Sie ist wie zwei ihrer Brüder Teil der Geschäftsleitung.

„Entscheidend ist die Software. Sie macht den Traktor zu einem Menschen“, erklärt Liliana Carraro, die den neuen Toni auch gerne „iTraktor“ nennt, weil er so intelligent sei. Bei der Software-Entwicklung des neuen Antriebs habe man mit deutschen Experten kooperiert. Herauskommen werde ein Traktor, der die idealen Arbeitsbedingungen selber erkennt. Er werde stets die optimale Kombination aus Motordrehzahl und Übersetzung wählen und merke, wenn es an der Zeit ist, die Reifen zu wechseln. So werde es auch gelingen, den Kraftstoffverbrauch weiter zu reduzieren. „In Zukunft zählen vor allen Dingen die Emissionen und der Komfort des Fahrers“, sagt Liliana Carraro. Ob man bei Antonio Carraro in Richtung hybrider bzw. elektrischer Antriebe denke? „Ja, das gucken wir uns auch an.“

Gedeiht die grüne Branche?

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Auch in Deutschland Potential

Deutschland-Chef Stamm ist optimistisch, auf dem deutschen Markt weiter wachsen zu können: „Wir peilen 10-15%, vielleicht sogar 20% an, spätestens bis 2017.“ Besonders stolz ist Stamm, dass Antonio Carraro mit seinen acht Importeuren bzw. Regionalzentren und ca. 50 Händlern in Deutschland flächendeckend einen professionellen Service leisten kann. „Jede Maschine ist nur so gut wie der Service hinterher und da legen wir einen sehr, sehr großen Wert drauf“, sagt Stamm. „Da können wir uns auf jeden Fall mit den großen Herstellern ohne Probleme messen.“

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Ein fertiger Traktor für die Landwirtschaft verlässt die Fabrik.
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