Stadtbaum und Rettungsweg nicht gegeneinander abwägen

Der zweite Rettungsweg spielt eine entscheidende Rolle in der Gebäudesicherheit, indem er im Notfall eine alternative Fluchtmöglichkeit bietet. Gerade aber im innerstädtischen Bereich kommt es immer wieder zu Problemen mit Baumbestand. B_I galabau-Chefredakteur Bernd Hinrichs sprach mit Dieter Fuchs, Sprecher des Arbeitskreis Stadtbäume bei der GALK, über das Problem. Die GALK ist die „Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz“ – ein Zusammenschluss der kommunalen Grünflächenverwaltungen.

Zweiter Rettungsweg: Welche Folgen ergeben sich in der Planung für Bäume in den Städten?
Der zweite Rettungsweg kann im entscheidenden Fall Leben retten. | Foto: Berufsfeuerwehr München

Sehr geehrter Herr Fuchs, was versteht man unter dem zweiten Rettungsweg und warum ist dieser so wichtig?

Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Diese Rettung bzw. Bekämpfung wird durch Rettungswege sichergestellt. Da es vorkommen kann, dass der eine Rettungsweg ausfällt, wird ein zweiter, quasi zur Kompensation, von der Bauaufsicht gefordert.

Daher wird in der Regel in den Bauordnungen der Länder formuliert, dass jede Nutzungseinheit mit mindestens einem Aufenthaltsraum (wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten) in jedem Geschoss zwei voneinander unabhängige Rettungswege aufweisen muss. Beide Rettungswege müssen aus dem jeweiligen Geschoss ins Freie führen. Der zweite Rettungsweg kann eine weitere notwendige Treppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein.

Wie stellt sich die aktuelle Situation in den Städten da?

Aufgrund des intensiven Wohnungsmangels in den Städten, insbesondere in Großstädten, werden beispielsweise viele Dachbereich ausgebaut. Nach Fertigstellung der Planung stellt sich bei der Einbindung des Brandschutzes heraus, dass der vorhandene Baumbestand nicht berücksichtigt wurde und dieser aber dem Nachweis des 2. Rettungsweges buchstäblich im Wege steht. Grundsätzlich ist der Bauherr verantwortlich für die Sicherstellung des 2. Rettungsweges und kann keinen Anspruch daraus formulieren, einen öffentlichen Baum und oder einen privaten Baum (dies mit Einschränkungen) entfernen zu lassen.

Also Stadtbaum oder Rettungsweg – ist das eine Entscheidung von „entweder….oder“?

Dies sollte eben nicht so sein. Beides, Stadtbaum und Rettungsweg, sollten nicht gegeneinander abgewogen werden. Daher ist die Forderung der Feuerwehr und der GALK, sowie im Positionspapier formuliert, unbedingt beide Bereiche rechtzeitig in die Planung mit einzubeziehen.

Welche Forderungen leitet die Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz daraus ab?

Die GALK weist in dem Positionspapier auf die Bedeutung des innerstädtischen Baumbestandes hin und wird darin von der Feuerwehr unterstützt. Es muss schon bei der Planung von Aus- und/oder Neubauten der vorhandene Baumbestand, möglichst auch in seiner endgültigen Ausdehnung, berücksichtig werden. Bei privaten Bauvorhaben besteht ein Anspruch auf Entfernung oder ständigen Rückschnitt eines öffentlichen Baumes oder einer Umgestaltung einer Fläche zur Herstellung des 2. Rettungsweges grundsätzlich erst einmal nicht.

Ein Stadtbaum, der schon viele Jahre steht, lässt sich nur mit hohen kosten umsetzen. Welche alternativen Möglichkeiten gibt es?

Eine Großbaumverpflanzung ist durchaus möglich. Hier ist aber immer ein intensiver Abwägungsprozess vorzuschalten, da das Risiko, dass der umgepflanzte Baum dann doch eingeht, doch hoch ist. Wenn alle alternativen Planungs- und Baumöglichkeiten keine Möglichkeit hergeben, den 2. Rettungsweg herzustellen, wird es wahrscheinlich keine Alternative zur Fällung eines Baumes geben. Das sollte aber in jedem Fall verhindert werden.

Welche planerischen Möglichkeiten haben Auftraggeber bereits in der Anlage von Bäumen?

Die Problematik liegt nicht in der Neupflanzung von Bäumen bei Neubauten. Der Altbaumbestand ist betroffen, beim Ausbau von Gebäuden. Insofern ist diese Frage im Zusammenhang mit der Problematik 2. Rettungsweg nicht relevant.

Gedeiht die grüne Branche?

Aktuelle Nachrichten zu den Entwicklungen im GaLa-Bau erfahren Sie in unserem Newsletter.

Hier abonnieren!

Ich akzeptiere die Datenschutz-Bestimmungen.
Newsletter Anlemdung
Newsletter Anlemdung

Welche Aufgaben kommen auf die Gartenämter/GaLaBauer zu?

Die Aufgabe der für die Grünversorgung verantwortlichen Ämtern besteht darin, immer wieder auf eine frühzeitige Einbindung zu bestehen, auf die elementare Bedeutung des innerstädtischen Baumbestandes hinzuweisen, zu fordern, dass alle baulichen Alternativen durchgespielt werden müssen, bevor überlegt wird, einen Altbaum zu entfernen, um den 2. Rettungsweg herzustellen.

Dieter Fuchs | Foto: Privat
Dieter Fuchs | Foto: Privat

Zur Person

Dieter Fuchs hat in Berlin und Wien Landschaftsplanung studiert und ist Landschaftsarchitekt und Mitglied in der Architektenkammer. Nach beruflichen Stationen in Wien, Krefeld und Münster arbeitet Fuchs seit 1993 bei der Bundesstadt Bonn. Er ist Geschäftsbereichsleiter Stadtgrün im Amt für Umwelt und Stadtgrün. Neben der hauptberuflichen Tätigkeit ist er noch Mitglied im erweiterten Präsidium der GALK (Gartenamtsleiterkonferenz), 2. Vizepräsident und Schatzmeister bei der FLL (Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau e.V.) und ist Sprecher des Arbeitskreis Stadtbäume bei der GALK. Er vertritt die kommunalen Arbeitgeber bei der SVLFG (Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau) und ist im Vorstand der Straße der Gartenkunst zwischen Rhein und Maas.


Mehr zum Thema:


Neueste Beiträge:

Weitere Beiträge

1
2
3

Für welche Leistungsart interessieren Sie sich?

Bauleistungen
Bauleistungen

Bau­leistungen

Dienstleistungen
Dienstleistungen

Dienst­leistungen

Lieferleistungen
Lieferleistungen

Liefer­leistungen

Wo suchen Sie Aufträge?

Ausschreibungs-Radar
Baden-Württemberg
Bayern
Berlin
Brandenburg
Bremen
Hamburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen

Verwandte Bau-Themen:

Jetzt zum Newsletter anmelden:

Werden Sie Experte im Garten- und Landschaftsbau. Plus: Kommunaltechnik.