AOK fordert Reform der Vergabepraxis

Im September 2020 veröffentlichte die Krankenkasse AOK Baden-Württemberg eine Rabattvertragsausschreibung für fünf antibiotische Wirkstoffe. Zuschlagskriterium sollte nicht der günstigste Preis, sondern auch qualitative Kriterien zur Lieferkette und Umwelt- und Arbeitsschutz sein. Gegen diese Kriterien gingen einige Hersteller vor und stellten Nachprüfungsanträge bei der Vergabekammer des Bundes ein, die den Herstellern Recht gab. Die AOK konnte nur für zwei der fünf ausgeschriebenen Antibiotikawirkstoffen den vollständigen Zuschlag erteilen.

Grund für das Nachprüfungsverfahren war das Zuschlagskriterium “geschlossene Lieferkette”, welches das Unternehmen als vergaberechtswidrig rügte. Laut Unternehmen fehle bei diesem Kriterium die notwendige Verbindung zum Auftragsgegenstand nach § 127 Abs. 3 S.1 GWB. Die Vergabekammer merkte an, dass die Intention qualitative Zuschlagskriterien zu beachten, nicht zu beanstanden sei, allerdings die Umsetzung. Das Kriterium “Lieferkette” sei gem. § 127 Abs. 4 GWB kein Zuschlagskriterium. Die “Lieferkette” würde einige Bieter nach Produktionsstandort ohne Beachtung tatsächlicher Unterschiede pauschal Vorteile bzw. Nachteile bieten. Offen ließ die Vergabekammer, ob ein bestimmter Produktionsstandort bei den Eignungskriterien hätte gefordert werden müssen.

Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK-Baden-Württemberg, kündigte an, in die nächste Instanz zu gehen: “Es ist nicht akzeptabel, dass Hersteller Ausschreibungskriterien angreifen, die die Pharma-Lobby und Politiker mehrerer Parteien seit langer Zeit selbst gefordert hatten.Versorgungssicherheit und Umweltschutz dürfen nicht auf der Strecke bleiben, die Politik darf sich nicht von Lippenbekenntnissen steuern lassen, mit denen die Industrie ihre rein finanziellen Interessen kaschiert.”

Demnach fordert die AOK eine Reform der Vergabepraxis, damit in Zukunft sozialen und Umweltstandards mehr Beachtung zuteil wird.

Quelle: Vergabeblog, AOK-bv.de | B_I MEDIEN