Ungültige Bescheinigungen sind fehlende Unterlagen

Bescheinigungen eines Bieters, die bei Vorlage nicht mehr gültig sind, sind als fehlend anzusehen, so die VK Nordbayern.

Ungültige Bescheinigungen sind fehlende Unterlagen
Ungültige Bescheinigungen sind fehlende Unterlagen

Die Vergabekammer Nordbayern hat in ihrem Beschluss vom 15.11.2019 - RMF-SG21-3194-4-50 - u.a. darüber entschieden, ob mit einer erst nach Ablauf des Gültigkeitsdatums eingereichten Bescheinigung der Berufsgenossenschaft der Nachweis erbracht ist, dass keine Ausschlussgründe vorliegen.

Was war geschehen?

Ausgeschrieben war die Kommunalhydraulik für LKW in mehreren Losen. In der Bekanntmachung waren die geforderten Eignungsanforderungen jeweils direkt verlinkt. Über das Formblatt L 124 wurden zum Nachweis der Eignung unter anderem Angaben zur Mitgliedschaft bei der Berufsgenossenschaft gefordert. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass bei nicht fristgemäßer Vorlage der geforderten Unterlagen keine Nachforderung, sondern der Ausschluss des Angebots erfolgt (§ 56 Abs. 2 Satz 2 VgV).

Als Beleg zur Beurteilung des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen legte die Antragstellerin eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ihrer Berufsgenossenschaft vor, die nicht mehr gültig war.

Die Vergabestelle schloss das Angebot der Antragstellerin gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV aus, da sie nicht alle Unterlagen, eingereicht habe.

Dagegen ging die Antragstellerin vor.

Entscheidung der Vergabekammer

In ihrem Beschluss vom 15.11.2019 - RMF-SG21-3194-4-50 - stellte die VK Nordbayern dazu folgende Leitsätze auf:

1. Nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV sind Angebote, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Unterlagen enthalten, von der Wertung auszuschließen. Es besteht kein Ermessensspielraum.

2. Eine Vergabestelle kann gem. § 48 Abs. 1, Abs. 5 VgV zur Beurteilung des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen nach §§ 123 Abs. 4, 124 Abs. 1 Nr. 2 GWB Bescheinigungen der zuständigen Stelle fordern. Dies beinhaltet beispielsweise auch Bescheinigungen, also Erklärungen Dritter (z. B. von Berufsgenossenschaften). Dieses Recht wird ihr im Gesetz ausdrücklich eingeräumt, sodass sie hiervon auch Gebrauch machen kann, selbst wenn zuvor eine Eigenerklärung des Bieters bereits vorgelegt wurde.

3. Eine losbezogene Aufstellung von Eignungskriterien ist insoweit nötig, als sich die Eignungskriterien auch auf die zu erbringende Leistung beziehen. Wenn ein Auftrag in mehreren Losen vergeben wird, darf beispielsweise die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gem. § 45 Abs. 3 VgV icht im Hinblick auf das Gesamtvolumen des Auftrags, sondern muss bezogen auf ein Los beurteilt werden. Nicht hingegen ist es notwendig, dass Unterlagen in identischer Form mehrfach angefordert und eingereicht werden, sofern es bei unterschiedlichen Losen zu keiner unterschiedlichen Beurteilung der Eignung kommen kann, so zum Beispiel bei der Beurteilung des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen, die keinerlei Bezug zu einer losweisen Vergabe des Auftrags hat und nicht bzgl. unterschiedlicher Lose unterschiedlich beurteilt werden kann, ohne dass sich eine Vergabestelle widersprüchlich verhielte.

4. Bescheinigungen, die bei Vorlage nicht mehr gültig sind, sind als rechtliches Nullum und damit als fehlende Unterlagen anzusehen.

(auf den Beschluss des OLG München vom OLG München vom 17.12.2019, Verg 25/19, wird hingewiesen!)

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Hier geht es zum Beschlusstext der VK Nordbayern

(Quelle: Regierung von Mittelfranken) | B_I MEDIEN


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