Stickoxidemissionen: Hamburg nimmt Baumaschinen unter die Lupe
In einer Großstadt wie Hamburg wird immer gebaut – nicht immer kommen dabei emissionsarme Baumaschinen der neuesten Abgasstufe wie dieser Teleskopstapler zum Einsatz. | Foto HKL

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Die Hamburger Behörde für Umwelt und Energie will in einem deutschlandweit einmaligen Projekt eine Datenbasis für die Emissionen mobiler Maschinen in der Hansestadt schaffen. Bislang existiert keinerlei Statistik, wie viele mobile Maschinen in der Hansestadt derzeit eingesetzt werden und welchen Anteil sie an den Gesamtemissionen im Stadtgebiet haben. Diese Informationen sind aber wichtig, um die richtigen Maßnahmen gegen die Schadstoffbelastung ergreifen zu können. Insbesondere die Stickoxidemissionen bereiten dem Hamburger Senat Sorge, während zum Beispiel die Feinstaubbelastung im Stadtgebiet in den letzten Jahren spürbar abgenommen hat und hier keine Überschreitungen der EU-Grenzwerte mehr beobachtet werden. Die EU hat die Hansestadt zur Aufstellung eines Luftreinhalteplans verpflichtet, der nachweisen muss, mit welchen Maßnahmen die Schadstoffemissionen unter die europaweit gültigen Grenzwerte abgesenkt werden können.

Bottom-up-Ansatz

Bisher verfügt die Hamburger Umweltbehörde lediglich über Schätzwerte, für die die gesamtdeutschen Emissionen auf den lokalen Maßstab heruntergebrochen wurden. Wie hoch der Beitrag der Bauwirtschaft zu den Schadstoffemissionen wirklich ist, soll die jetzt angelaufene Datenerhebung als Grundlage eines Gutachtens klären. Die Umweltbehörde verfolgt dabei nach eigenen Angaben einen ganzheitlichen Ansatz, betrachtet also nicht nur die Bauwirtschaft, sondern zum Beispiel auch den Galabau, den öffentlichen Sektor und die Hafenwirtschaft. Gerade letztere spielt in Hamburg naturgemäß eine besondere Rolle und steht etwa im Zusammenhang mit den Abgasen der Container- und Kreuzfahrtschiffe schon seit längerer Zeit in der Kritik.

Die Emissionen des öffentlichen Sektors der Stadt – immerhin mehr als 4.000 Maschinen – hat die Behörde schon erfolgreich abgefragt. Um auch die Emissionen der Bauwirtschaft quantifizieren zu können, hat sie die Hamburger Bauunternehmen – das sind etwa 200 – um Mithilfe gebeten. Sie sollen Daten zur Zahl ihrer Baustellen im Stadtgebiet, zum Maschinenbestand und zur Einsatzhäufigkeit beziehungsweise den geleisteten Betriebsstunden mitteilen. Konkret sollen die Gesamtemissionen je innerstädtische Baustelle als Produkt aus der Zahl der auf der jeweiligen Baustelle eingesetzten Maschinen, der Einsatzzeit, der mittleren Motorleistung, der Emissionsklasse und dem Lastfaktor berechnet werden.

Dieter Schnittjer vom Branchenverband VDBUM will das Hamburger Vorhaben kritisch begleiten und bewerten, wie die Behörde die Daten interpretiert. | Foto: B_I
Dieter Schnittjer vom Branchenverband VDBUM will das Hamburger Vorhaben kritisch begleiten und bewerten, wie die Behörde die Daten interpretiert. | Foto: B_I

Mitwirkung erwünscht

Die Datenerhebung soll auf freiwilliger Basis geschehen. Man wolle sehen, ob auf diese Weise eine vollständige, reale Datenbasis erhoben werden kann, sagt Christian Koplin, der in der Umweltbehörde für die Luftreinhaltung in Hamburg zuständig ist und das Projekt ‚Emissionsreduzierung bei mobilen Maschinen‘ betreut. Wo Daten fehlten, stellt er klar, müsse seine Behörde eine Abschätzung auf Basis eines worst-case-Szenarios vornehmen. Sicher für die Hamburger Bauunternehmen keine besonders verlockende Aussicht, bestünde damit doch die Gefahr, dass die Emissionen der Baumaschinen zu hoch geschätzt werden und mögliche Maßnahmen bis hin zu Einsatzbeschränkungen im Stadtgebiet dadurch zu streng ausfallen.

Die Hamburger Bau- und Ausbauwirtschaft (HBAW), ein Bündnis verschiedener, regional aktiver Bauverbände, das rund 1.500 Unternehmen mit etwa 20.000 Beschäftigten vertritt, hat daher zugesagt, bei der Quantifizierung der Baumaschinenemissionen eng mit der Umweltbehörde zusammenzuarbeiten und ihre Mitgliedsunternehmen bei der Bereitstellung der Maschinenparkdaten zu unterstützen. Man wolle als Multiplikator wirken und dabei helfen, so viele Daten wie möglich zu bekommen, sagt VDBUM-Geschäftsführer Dieter Schnittjer. Und fachlich bewerten, wie die Umweltbehörde beziehungsweise das mit der Datenerhebung beauftragte Ingenieurbüro Lärmkontor die Daten interpretieren. Nach Abschluss der Datenerhebung Ende 2017 möchte die Umweltbehörde die Ergebnisse möglichst noch im ersten Quartal 2018 veröffentlichen.

Die Verbände wollen durch die enge Kooperation mit der Umweltbehörde auch verhindern, dass sich in Hamburg der „Fall Bremen“ wiederholt. Dort sah der erste Entwurf des Umweltsenats eine nur dreimonatige Modernisierungsfrist für im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen in Bremen eingesetzte Baumaschinen vor. Erst nach dem Einschreiten des VDBUM wurde dieser Plan zugunsten einer gestaffelten, insgesamt anderthalbjährigen Übergangsfrist verworfen. Dadurch wurde auch verhindert, dass insbesondere kleinere Unternehmen in existenzielle Nöte geraten wären.
Christian Koplin (vorn) koordiniert in der Hamburger Umweltbehörde das Projekt ‚Emissionsreduzierung bei mobilen Maschinen‘. Sebastian Eggers vom Ingenieurbüro Lärmkontor erstellt im Auftrag der Behörde das entsprechende Gutachten. | Foto: B_I
Christian Koplin (vorn) koordiniert in der Hamburger Umweltbehörde das Projekt ‚Emissionsreduzierung bei mobilen Maschinen‘. Sebastian Eggers vom Ingenieurbüro Lärmkontor erstellt im Auftrag der Behörde das entsprechende Gutachten. | Foto: B_I

Ergebnisoffen

Schon vor der Veröffentlichung des Gutachtens ist für Kenner der Materie ziemlich klar, dass der Beitrag der Bauwirtschaft zu den Emissionen mobiler Maschinen in Hamburg verglichen mit anderen Verursachergruppen gering sein dürfte – in der Branche spricht man von einem bis zwei Prozent. Zu groß ist der Einfluss des Straßenverkehrs und der Hafenwirtschaft. Ein von der Umweltbehörde in Auftrag gegebenes Gutachten ergab für das Jahr 2014 einen Anteil sämtlicher mobiler Maschinen an den Gesamtemissionen von nur 2,8 Prozent.

Interessanter dürften lokale Schadstoffkonzentrationen werden, die Baustellen naturgemäß mit sich bringen. Nachdem die Umweltbehörde im Mai einen neuen Luftreinhalteplan vorgelegt hat, der Maßnahmen für den Pkw-, Lkw- und Schiffsverkehr enthält, sollen die Emissionsdaten der Baumaschinen das Bild vervollständigen. Basierend darauf will die Behörde über die Vorschriften der Hamburger Vergabeordnung und des Umweltleitfadens hinausgehende Anforderungen entwickeln. Welche das sein werden, das sei noch vollkommen offen, betont Koplin. Man wolle zunächst die Ergebnisse des Gutachtens abwarten, das auch Vorschläge für Maßnahmen und Angaben zu deren Verhältnismäßigkeit enthalten werde. Seine Behörde wolle aber in jedem Fall den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und die Interessen der Unternehmen sehr sorgfältig gegeneinander abwägen. Harte, einschneidende Maßnahmen stünden dabei nicht im Fokus. „Das Projekt setzt primär auf die Sensibilisierung für die Schadstoffemissionen von mobilen Maschinen durch gute Kommunikation“, sagt Koplin.
Neue Baumaschinen sind in den letzten 20 Jahren spürbar sauberer geworden: Seit der ersten Abgasrichtlinie EU Stufe I im Jahr 1996 wurden die zulässigen Partikelemissionen neuer Maschinen um den Faktor 27 und die Stickoxidemissionen um den Faktor 23 reduziert. | Grafik: Zeppelin Baumaschinen
Neue Baumaschinen sind in den letzten 20 Jahren spürbar sauberer geworden: Seit der ersten Abgasrichtlinie EU Stufe I im Jahr 1996 wurden die zulässigen Partikelemissionen neuer Maschinen um den Faktor 27 und die Stickoxidemissionen um den Faktor 23 reduziert. | Grafik: Zeppelin Baumaschinen

Übergangsfristen notwendig

In der Bauwirtschaft gibt es dennoch Sorgen vor genau solchen Maßnahmen, wie sie in der Vergangenheit etwa Berlin oder Bremen ergriffen haben. Die würden nämlich sowohl Bauunternehmen als auch Vermieter treffen. „Ich bin in der glücklichen Situation, dass der Großteil der in meinem Bestand befindlichen Maschinen der heute gültigen Abgasstufe IV bzw. IV B entspricht“, sagt Olaf Nagel, Geschäftsführer des Hamburger Vermietunternehmens Dubick & Stehr. „Nur die Kleinstmotoren, welche bisher noch keiner Normung in Bezug auf Schadstoffminimierung unterlagen, stellen für mich möglicherweise ein Problem dar. Denn sollte es hier zu einem Nutzungsverbot der bestehenden Technik ohne Übergangsfrist kommen, wären diese Maschinen von einem auf den anderen Tag nicht mehr zu vermieten und im regionalen Markt auch nicht zu verkaufen.“ Er hält daher für Kleinmotoren unter 19 kW Leistung eine Übergangsfrist von mindestens fünf Jahren für notwendig. Derzeit stellt Nagel in der Branche eine „generelle Verunsicherung bezüglich der zukünftig richtigen Antriebstechnologie“ fest. Es werde „etwas verhaltener“ investiert, als es die derzeitige Wirtschaftslage erlauben würde.

Auch der Bauindustrieverband Hamburg Schleswig- Holstein e. V. hält vor allem „realistische Übergangszeiten“ für unerlässlich, damit die überwiegend mittelständisch geprägte Bauwirtschaft mit ihrem Investitionsverhalten auf die neuen Anforderungen reagieren kann und nicht in ihrer Existenz gefährdet wird. Außerdem befürchtet er durch die Investitionen in neue Maschinen einen weiteren Kostenschub bei Bauprojekten. „Beim Thema Abgasemissionen darf das Hamburger Baugewerbe angesichts der viel geringeren Belastung als durch den allgemeinen Autoverkehr und die Hafenwirtschaft kein „Bauernopfer“ werden“, sagt Frerich Ibelings, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Hamburg Schleswig- Holstein e. V. und Bündnispartner der HBAW. „Aber“, so ergänzt er, „auch der Bau will seinen Beitrag zum Umweltschutz erfüllen.“
„Baugewerbe darf kein Bauernopfer werden." - Frerich Ibelings, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbands Hamburg Schleswig- Holstein e.V. | Foto: BIV HH-SH
„Baugewerbe darf kein Bauernopfer werden." - Frerich Ibelings, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbands Hamburg Schleswig- Holstein e.V. | Foto: BIV HH-SH

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Zweifelhafter Nutzen

So sinnvoll das Anlegen einer vernünftigen Datenbasis für die Emissionen mobiler Maschinen ist: Dass die Baumaschinen Hamburgs Problem bei den Luftschadstoffen lösen werden, ist mehr als unwahrscheinlich. In der zweiten Fortschreibung des Luftreinhalteplans jedenfalls sind sie zunächst ausgeklammert worden. Hier hat Hamburg sich auf den Straßen- und Schiffsverkehr konzentriert: Für jeden einzelnen Straßenabschnitt, an dem es Überschreitungen der zulässigen Höchstwerte an Luftschadstoffen gegeben hat, hat die Hansestadt Gegenmaßnahmen vorgestellt. Die meisten der geprüften Maßnahmen – vor allem solche, die den Autoverkehr eingeschränkt hätten – wurden allerdings als „nicht verhältnismäßig“ eingestuft. Stattdessen liegt der Fokus auf der Modernisierung der städtischen Fahrzeugflotten. Dass jedoch ein paar emissionsfreie Busfahrten täglich an den betreffenden Straßenabschnitten ausreichen werden, um den Stickoxid-Ausstoß unter die Grenzwerte zu drücken, ist schwer vorstellbar. Hamburg hat mit dem neuen Luftreinhalteplan aber zunächst den Forderungen der EU-Kommission Genüge getan und damit also vor allem eines: Zeit gewonnen.

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