In der Bauwirtschaft wächst der Frust

Der Wohnungsbau steckt tief in der Krise. Auch 2024 rechnen Experten mit einem Rückgang. Dabei plante die Regierung 400.000 neue Wohnungen jährlich. Angesichts hoher Bau- und Kapitalkosten scheitern jedoch viele Projekte. In der Branche wird der Ton immer schärfer, Adressat ist die Berliner Ampelkoalition. Gefordert wird Planungssicherheit.

Wohnungsbau in Deutschland: Krise und Ton verschärfen sich
Die Baukrise sorgt für Unmut. Verbände und Unternehmen stellen Forderungen an die Bundesregierung. | Foto: BI_MEDIEN/Budde

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Der Protest wird lauter – und sichtbarer: In Niedersachsen mauerten Handwerker die Rathaustüren in 13 Städten und Gemeinden zu. Als Zeichen ihres Frusts über die Politik der Bundesregierung. Wie mies die Stimmung mittlerweile in der Branche ist, gibt jetzt eine Mitteilung vom Dachverband „Die Bauwirtschaft im Norden“ wieder, die mit „Es reicht!“ betitelt ist. Nach dem Eindruck von Hauptgeschäftsführer Georg Schareck mangelt es am Handlungs- und Umsetzungswillen: „Diese Bundesregierung nimmt billigend in Kauf, dass immer mehr kleine und mittelständische Betriebe aus der systemrelevanten Branche Bau in die Insolvenz getrieben werden. Getrieben von völlig falschen und nicht markt- sondern parteiideologisch getriebenen Rahmenbedingungen.“

Forderung: 14 Punkte des Wohnungsgipfels umsetzen

Zwar halte die Bundespolitik nach wie vor an dem Ziel fest, 400.000 Wohnungen jährlich zu bauen, mache jedoch „nach zweijährigem Erkenntnisgewinn nunmehr einen halben Salto rückwärts“, indem sie das auf 2026 verschiebe, stellt die Dachorganisation mit Sitz in Kiel fest. Etwas mehr als die Hälfte werde bisher geschafft, was nicht an den Baubetrieben liege, sondern an den politischen Rahmenbedingungen. Der Verband bekräftigt die Forderung, das 14-Punkte-Programm des Wohnungsgipfels im Kanzleramt vom September 2023 umzusetzen. Dabei handelt es sich um ein Maßnahmenpaket der Regierung für zusätzliche Investitionen.

Unterdessen erwartet das ifo Institut einen drastischen Rückgang beim Wohnungsbau in Deutschland. Nach Berechnungen aus dem vergangenen Jahr werden 2024 gerade einmal 210.000 Wohnungen in neuen Gebäuden fertiggestellt. Für 2025 kommt das Forschungsinstitut auf etwa 200.000 Wohneinheiten. Kurzum: Ziel verfehlt. „Der wichtigste Grund für den Rückgang ist die erhebliche Verteuerung der Finanzierung und der Bauleistungen. Gleichzeitig hat der Bund die Neubauförderung drastisch zurückgefahren und die Standards für den Neubau Anfang 2023 abermals verschärft“, sagt ifo-Bauexperte Ludwig Dorffmeister.

Baugewerbe im Osten will Unmut auf die Straße tragen

Nicht nur im Norden der Republik ist der Unmut angesichts des kriselnden Wohnungsbaus groß. Die baugewerblichen Verbände aus Sachsen und Sachsen-Anhalt rufen ihre Mitgliedsbetriebe dazu auf, im Rahmen der aktuellen Protestaktionen der Bauern zugleich auf den Notstand im Hoch- und Wohnungsbau aufmerksam zu machen. „Wir haben in den letzten Monaten viel geredet mit Bundespolitikern aller Couleur, alle haben sie Verständnis für unsere Situation gezeigt, unternommen aber haben sie nichts“, sagt der Vizepräsident des Sächsischen Baugewerbeverbandes, Uwe Nostitz, „deshalb ist es jetzt an der Zeit, unseren Unmut über die offenkundige Ignoranz dieser Bundesregierung auf die Straße zu tragen.“ Laut Peter Nitschke, Präsident des Baugewerbe-Verbandes Sachsen-Anhalt, fühlt sich die Branche von der Bundesregierung allein gelassen und vor den Kopf gestoßen. Immer neue Versprechungen, die nicht eingehalten wurden, immer neue Ideen, die insbesondere den Mittelstand schwächen und immer wieder enttäuschte Hoffnungen hätten das Fass jetzt zum Überlaufen gebracht.

Zu den Forderungen gehört Planungssicherheit. Um diese wiederzuerlangen, mahnt die Bauwirtschaft eindeutig geregelte und umsetzbare Vorgaben für die energetische Sanierung des Altbaubestandes und für energieeffizientes Bauen im Neubaubereich an. Auch Förderprogramme mit ausreichend langer Laufzeit, mit denen Bauen wieder bezahl- und planbar wird sowie die Förderung von Wohneigentum von jungen Familien, zählen zu den Forderungen der Branche.

Schwierige Zeiten: Die Baustoff-Steine-Erden-Produktion ist laut Bundesverband im Jahr 2023 über alle Sektoren um 15 bis 20 Prozent zurückgegangen. | Foto: Heidelberg Materials/Steffen Fuchs
Schwierige Zeiten: Die Baustoff-Steine-Erden-Produktion ist laut Bundesverband im Jahr 2023 über alle Sektoren um 15 bis 20 Prozent zurückgegangen. | Foto: Heidelberg Materials/Steffen Fuchs

Mehrkosten für die Baustoffindustrie

Ein Appell an die Bundesregierung, für mehr Planungssicherheit zu sorgen und baupolitische Versprechen einzuhalten, kommt auch vom Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (bbs). Dazu zählt der Dachverband der mineralischen Roh- und Baustoffindustrie in erster Linie die schnelle Umsetzung aller beim Wohnungsbaugipfel im vergangenen September beschlossenen Maßnahmen. „Deutschland befindet sich seit mittlerweile über anderthalb Jahren in einer handfesten Baukrise“, sagt Hauptgeschäftsführer Matthias Frederichs. Die Baustoff-Steine-Erden-Produktion sei 2023 über alle Sektoren um 15 bis 20 Prozent zurückgegangen. Besonders stark betroffen seien dabei die Bereiche, die schwerpunktmäßig in den Wohnungsbau liefern – etwa die Ziegel-, Kalksandstein- oder Porenbetonindustrie. Aber auch andere Industriezweige zeigten starke Produktionsrückgänge.

Nach einem schwierigen Jahr stuft der Bundesverband auch die Weichenstellungen für 2024 als nicht gerade optimal ein. „Die Einigung zum Bundeshaushalt 2024 führt allein durch die steigenden Übertragungsnetzentgelte zu Mehrkosten für die Baustoffindustrie von über 200 Millionen Euro. Daneben sind wichtige Beschlüsse des Baugipfels, etwa die angekündigte Aufstockung der Sanierungsförderung bei der Gebäudehülle, wieder zurückgenommen worden. Kurz zuvor war noch die Verdoppelung der Lkw-Maut beschlossen worden, was weitere Mehrkosten von rund 400 Millionen Euro ab 2024 bedeutet“, so Frederichs.

Ziegelindustrie erwartet herausforderndes Jahr

Attila Gerhäuser, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Ziegelindustrie (BVZi): „Um die Bauwende sozial, ökologisch und ökonomisch ausgewogen – aber vor allem zügig – umzusetzen, ist politischer Pragmatismus gefordert." | Foto: BVZi/Christoph Große
Attila Gerhäuser, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Ziegelindustrie (BVZi): „Um die Bauwende sozial, ökologisch und ökonomisch ausgewogen – aber vor allem zügig – umzusetzen, ist politischer Pragmatismus gefordert." | Foto: BVZi/Christoph Große

Absatzprobleme, Werksschließungen und Kurzarbeit: Das zurückliegende Jahr habe in der Ziegelindustrie Spuren hinterlassen, berichtet Attila Gerhäuser, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Ziegelindustrie. Er erwartet auch 2024 ein herausforderndes Jahr für die Branche, die allerdings schon so manche Krise gemeistert habe. Er appelliert an die Politik, sich auf eine klare und auskömmliche finanzielle Förderung des Wohnungsbaus zu einigen. „Auch wir Ziegler brauchen, wie die gesamte deutsche Industrie, Planungs- und Investitionssicherheit.“ Immerhin fast jede dritte Wohneinheit in Deutschland werde mit dem Wandbaustoff Ziegel errichtet, so Gerhäuser.

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Rund 80 verschiedene Hersteller sicherten jährlich mit ihren 8.500 Beschäftigten in regional aufgestellten Produktions- und Lieferketten die Versorgung mit dem Baustoff. „Doch von einer auskömmlichen Versorgung unserer Produktionsstandorte mit Strom aus erneuerbaren Energien sind wir noch weit entfernt“, sagt er. Nach wie vor produzierten die meisten Ziegel-Werke mit Erdgas, was sich so schnell nicht ändern lasse. „Denn klimaneutrale Energieträger, wie etwa grünen Wasserstoff und grünen Strom, gibt es auf absehbare Zeit weder im industriellen Maßstab noch zu wettbewerbsfähigen Preisen“, so Gerhäuser.

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