Nachprüfungsantrag schriftlich stellen

Ein Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer ist schriftlich zu stellen. Voraussetzung für ein Nachprüfungsverfahren ist außerdem, dass der Bieter den Vergaberechtsverstoß zuvor gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat, so die Vergabekammer Brandenburg.

Nachprüfungsantrag schriftlich stellen
Nachprüfungsantrag schriftlich stellen

Die Vergabekammer Brandenburg (VK Brandenburg Beschluss vom 28.01.2019 - VK 22/18) hat sich kürzlich damit beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen ein Nachprüfungsantrag zulässig ist.

Was war geschehen?

Zur Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung über die Miete von Multifunktionsgeräten im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb teilte die Auftraggeberin der späteren Antragstellerin in der Vorabinformation nach § 134 GWB mit, den Zuschlag nach Ablauf der 10-Tages-Frist auf das Angebot eines Konkurrenten zu erteilen.

Erst nach Erhalt dieser Mitteilung begann die spätere Antragstellerin, die Vergabeunterlagen intensiv auf Vergaberechtsfehler hin zu prüfen. Die Punkte, die nach ihrer rechtlichen Einschätzung als Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften zu beanstanden waren, formulierte sie in einem auf den 5. Dezember 2018 datierten Rügeschreiben und versandte es auf dem Postweg. Nach der bei den Vergabeakten befindliche Briefumschlagskopie (...) ist das Rügeschreiben gemäß aufgebrachtem Eingangsstempel auf dem Postweg am 10. Dezember 2018 bei der Auftraggeberin eingegangen. Das Rügeschreiben befand sich auch als Fax in der Vergabeakte (...). Die Faxzeile weist den 6. Dezember 2018 um 17:20 Uhr als Eingangsdatum/-uhrzeit bei der Auftraggeberin aus.

Der Nachprüfungsantrag wurde der Auftraggeberin am 6. Dezember 2018 um 17.06 Uhr per Fax übermittelt. Die Vergabeakten wurden der Vergabekammer am 13. Dezember 2018 vorgelegt.

Mit anwaltlicher Antragserwiderung vom 17. Dezember 2018 hat die Auftraggeberin unter Bezugnahme auf die jeweiligen Faxzeilen darauf hingewiesen, dass der Nachprüfungsantrag gemäß § 160 Abs. 3 GWB unzulässig sei, weil es an jeglicher Rüge vor Einleitung des Nachprüfungsantrages fehle. Der Nachprüfungsantrag sei ihr am 6. Dezember 2018 um 17.06 Uhr zugestellt worden und damit vor Eingang der Rüge der Antragstellerin, die erst um 17.20 Uhr eingegangen sei. Soweit die Antragstellerin die Vergabeunterlagen beanstande, hätte sie gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB vor Angebotsabgabe rügen müssen. Das sei unterblieben. Soweit sich ihre Beanstandungen auf Bieterfragen, bspw. auf die Bieterfrage ... zur Gestaltung des Preisblattes, beziehe, denen in den Bieterinformationen nicht (bzw. nicht vollumfänglich) abgeholfen worden sei, fehle es an einem rechtzeitigen Nachprüfungsantrag gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB. Denn unabhängig davon, dass Bieterfragen keine Rügen seien, hätte die Antragstellerin nach der Bieterinformation vom 16. August 2018 gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB innerhalb der dort normierten Frist von 15 Kalendertagen einen Nachprüfungsantrag anbringen müssen. Über die Fristen des § 160 Abs. 3 GWB bei in der Bekanntmachung ordnungsgemäß aufgeklärt worden.

Die Vergabekammer erhielt am 7. Dezember 2018 von der Antragstellerin per E-Mail u.a. den Nachprüfungsantrag und das Rügeschreiben.

Entscheidung der Vergabekammer

Die Vergabekammer entschied, dass der Nachprüfungsantrag als unzulässig zu verwerfen sei, weil die Antragstellerin ihrer Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB nicht genügt hat. Nach dieser Vorschrift sei ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit ein Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrages erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von 10 Kalendertagen gerügt hat.

Zur Beurteilung der Reihenfolge, dass vor Einlegung des Nachprüfungsantrages bei der Vergabekammer gegenüber dem Auftraggeber gerügt wurde, kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung des Nachprüfungsantrages durch die Vergabekammer an den Auftraggeber, sondern auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei der Vergabekammer an.

Letztlich könne auch die zweite Zuleitung des Nachprüfungsantrages an die Vergabekammer, und zwar als Anlagedokument der um 12.35 Uhr eingegangenen E-Mail vom 7. Dezember 2018, nicht zur Feststellung der Einhaltung der Rügeobliegenheit führen. Nach § 161 Abs. 1 Satz 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag schriftlich einzureichen. Der per E-Mail übermittelte Antrag erfüllt dieses Formerfordernis nicht - unabhängig davon, dass der Nachprüfungsantrag vom Vortag aus formalen Gründen zuvor hätte zurückgenommen werden müssen.

Fazit

  • Nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit ein Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrages erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von 10 Kalendertagen gerügt hat.
  • Zu beanstandene Vergabeunterlagen sind gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB vor Angebotsabgabe zu rügen.
  • Für die Frage, in welcher Reihenfolge Rüge und Nachprüfungsantrag eingegangen sind, ist der Zeitpunkt der Antragstellung bei der Vergabekammer entscheidend, nicht der Zeitpunkt der Übermittlung an den Auftraggeber.
  • Um nachzuweisen, die Rüge vor dem Nachprüfungsantrag gefaxt zu haben, muss der Bieter das Faxprotokoll seines Geräts vorlegen.
  • Nach § 161 Abs. 1 Satz 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag schriftlich einzureichen. Der per E-Mail übermittelte Antrag erfüllt dieses Formerfordernis nicht.
  • Rügen können formlos eingereicht werden.

Hier geht es zum Beschluss der VK Brandenburg

Hier finden Sie eine Information der B_I MEDIEN zum Rechtsschutz in EU-Vergabeverfahren

(Quelle: ibr-online) | B_I MEDIEN


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